Raus aus der Schmerz-Routine: Wenn das Gehirn neu „programmiert“ wird

02.09.2015

Kann man Schmerz verlernen? In der Behandlung von chronischen Schmerzpatienten ist genau dies ein Ansatz. Neben einer Anpassung der Medikamente, Ergotherapie, Krankengymnastik oder Operationen kann auch die psychologische Herangehensweise an die Schmerzursachen zielführend sein. Deshalb gibt es in der Klinik für Schmerzmedizin im Klinikum Dortmund den Diplom-Psychologen Lennart Koch, der gemeinsam mit dem Patienten das „Schmerzgedächtnis“ gewissermaßen „neu programmiert“.

Raus aus der Schmerz-Routine: Wenn das Gehirn neu programmiert wird

Kann man Schmerz verlernen? In der Behandlung von chronischen Schmerzpatienten ist genau dies ein Ansatz. Neben einer Anpassung der Medikamente, Ergotherapie, Krankengymnastik oder Operationen kann auch die psychologische Herangehensweise an die Schmerzursachen zielführend sein. Deshalb gibt es in der Klinik für Schmerzmedizin im Klinikum Dortmund den Diplom-Psychologen Lennart Koch (Foto), der gemeinsam mit dem Patienten das „Schmerzgedächtnis" gewissermaßen „neu programmiert".

 

Schmerz mache zunächst einmal durchaus Sinn, sagt Lennart Koch und verweist auf die Evolution: Schmerz warnt den Menschen vor Gefahren z.B. durch offene Wunden und schützt den Organismus so vor lebensbedrohlichen Eindringlingen. „Problematisch wird es erst dann, wenn Schmerz chronisch wird und sich verselbstständigt, obwohl eigentlich keine alleinig körperliche Ursache für den Schmerz mehr vorliegt, sondern insbesondere psychische und soziale Faktoren sowie körperliche Inaktivität das Schmerzerleben aufrechterhalten", erklärt Koch. Das Besondere am Schmerz ist, dass es sich nicht nur um eine Sinneserfahrung handelt, sondern auch um ein Gefühlerlebnis. Das geht sogar so weit, dass ein Mensch Schmerz empfindet, wenn er sehr verzweifelt und traurig ist oder wenn er jemanden beobachtet, der sich z.B. den Finger zwischen Tür und Rahmen einklemmt. „Es fühlt sich vom Schmerz her genauso an, als hätte man eine Verletzung oder selbst den Finger in der Tür gehabt", sagt der Experte, „obwohl man selbst gar keine körperliche Verletzung erfahren hat".

 

Es gibt drei Stellen im Körper, die für den Schmerzprozess wichtig sind:

 

  1. Die Schmerzrezeptoren unmittelbar an der Stelle, an der der Körper geschädigt wurde (z.B. die Hand auf einer heißen Herdplatte)
  2. Die „Umschaltstelle" im Rückenmark des Körpers, an die das Signal vom Schmerzrezeptor hingeleitet wird, um es von dort dann an das Gehirn weiterzuleiten
  3. Und letztlich das Gehirn, das den Schmerz wahrnimmt.

 

Nun kommt es laut Dipl.-Psych. Koch bei chronischen Schmerzen oft vor, dass Schmerzrezeptoren viel empfindlicher auf kleinste Berührung reagieren oder dass die „Umschaltstelle" im Rückenmark einen Schmerz an das Gehirn weitermeldet, der gar keinen Auslöser hatte. „Aber auch das Gehirn kann einen Schmerz „spüren" bzw. sich daran erinnern, obwohl es gar keinen Impuls gibt. Wir sprechen daher auch vom so genannten Schmerzgedächtnis", erklärt Dipl.- Psych. Lennart Koch.

 

Schmerzerleben wird zur Routine

Das Phänomen dahinter: Das Gehirn „denkt" in Informationspaketen, auch Schemata genannt, was durchaus einleuchtet, denn es ist wesentlich energiesparender. „Das können Sie mit dem Autofahren vergleichen: Wenn Sie die ersten Fahrstunden haben, ist jeder Griff zum Schalthebel und jeder Tritt aufs Pedal ein Konzentrationsakt, was aber für das Gehirn enorm kräftezehrend ist. Mit der Zeit geht all das in Fleisch und Blut über, es wird zur Routine", erklärt Koch. Nach einer langen Zeit mit chronischen Schmerzen gibt es auch solche Informationspakete für Schmerz, das Gehirn sagt sich quasi „das kenne ich alles, das ist Schmerz", Schmerzerleben wird zur Routine.

 

Ziel: Gehirn neu "programmieren"

Genau hier setzt die psychologische Schmerztherapie an: „Wir müssen mit dem Patienten zusammen aus diesen Routinen des Schmerzempfindens ausbrechen. Mit anderen Worten: Wie kann man dem Gehirn beibringen, dass dieser Schmerz keine Warnfunktion mehr hat?" Letztlich geht es also darum, das Gehirn in Bezug auf das Schmerzempfinden neu zu programmieren.

 

Lebensziele dem Schmerz anpassen, Aufmerksamkeit auf andere Sinnesempfindungen lenken

Ein erster wichtiger Schritt ist, dass der Patient die Existenz des Schmerzes akzeptiert und nicht krampfhaft dagegen ankämpft. „Wobei man klar sagen muss, dass Akzeptieren nichts mit Resignieren zu tun hat. Es geht mehr darum, achtsam mit sich und dem Schmerz umzugehen, seine Lebensziele dem Schmerz gegebenenfalls anzupassen und diese engagiert zu verfolgen", sagt der Experte. Eine Lenkung der Aufmerksamkeit auf andere Sinnesempfindungen als Schmerz, die (Wieder)Aufnahme insbesondere sozialer, genussfördernder und sportlicher Aktivitäten, eine Veränderung schmerzverstärkender Gedanken sowie gezielte Entspannungstherapien sind Strategien, diese „Schmerzroutinen" zu unterbrechen.

 

Multimodale Schmerztherapie: individuelle Lösung zur Schmerzreduktion

Aus der Erkenntnis heraus, dass chronischer Schmerz eine integrierte Behandlung durch verschiedene Fachdisziplinen erfordert („multimodale Schmerztherapie"), arbeiten in der Klinik für Schmerztherapie des Klinikums Dortmund Fachärzte für Anästhesie und Schmerzmedizin, Krankengymnastinnen, Ergotherapeutinnen, Krankenpfleger und -schwestern sowie Psychologen in einem Team mit dem Patienten zusammen an individuellen Lösungen zur Schmerzreduktion.

 

 

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